„Jedem Kind auf dieser Welt wünsche ich ein Buch, das es als Schatz ansieht und an das es sich ein Leben lang erinnert!“
„Frau Vogel, stellen Sie sich vor, Sie müssten sich mit einem einzigen Wort beschreiben. Welchen Begriff würden Sie wählen?“
„Meine Wahl würde auf Bücherwurm fallen, denn das bin ich schon mein Leben lang. Als Sechsjährige hatte ich ein ‚Aha-Erlebnis‘ – und zwar in der Ahrhutstraße in meiner Heimatstadt Ahrweiler. Ich stand vor einem Geschäft, in dessen Schaufenster ein Plakat hing. Plötzlich wurde mir bewusst, dass ich lesen konnte, was auf diesem Plakat stand. Daraufhin bin ich neugierig durch die ganze Stadt gelaufen und habe alle Wörter, die ich finden konnte, regelrecht verschlungen: Beschriftung von Kaffeeteilchen in der Bäckerei, Plakate auf der Litfaßsäule, die Namen der Geschäfte, ein Pfarrbrief an der Kirche, Buchtitel in der Buchhandlung, Straßenschilder … Ich war furchtbar aufgeregt, denn ich hatte das Gefühl, mir öffnen sich neue, bis dahin verborgene Welten. Und dieses Gefühl begleitet mich bis in die heutige Zeit, denn jedes Mal, wenn ich ein Buch lese, tauche ich in eine andere Welt ein. So kann ich zum Mars reisen, perfide Morde aufklären, Abenteuer in fremden Ländern erleben oder an der Seite von Harry Potter auf einem Besen fliegend Quidditch spielen.“
„Dann hatten Sie bestimmt schon als Kind Lieblingsbücher, richtig?“
„Oh ja – und diese Bücher besitze ich heute noch. Das sind meine Schätze! Darunter sind beispielsweise ‚Wuschi der Waschbär‘ von Lise Gast und ‚Abenteuer mit Lotta und Jimmy‘ von Enid Blyton. Mein großes Vorbild war jedoch Pippi Langstrumpf, denn sie war stark, furchtlos, extrem neugierig und lieb zu ihren Freunden. Zudem war sie ein Sachensucher, konnte Pfannkuchen backen und hatte im Garten einen Limonadenbaum. Und mal ehrlich – welches Kind möchte nicht einen Limonadenbaum in seinem Garten haben!? Ein spezielles Buch jedoch hat meine Sicht auf die Welt vollkommen verändert. Das Sachbuch ‚Raumschiff Erde‘ gehörte eigentlich meinem ‚großen‘ Bruder, doch ich habe es immer wieder heimlich aus seinem Zimmer stibitzt. Zunächst hat mich der Titel neugierig gemacht: Warum wird die Erde als Raumschiff bezeichnet, wo sie doch ein Planet ist? Dann habe ich das Buch regelrecht verschlungen – und das nicht nur einmal. Das war der Moment, in dem meine lebenslange Leidenschaft für Astronomie seinen Ursprung hat. Und seit dem Buch ‚Sein großer Freund vom andern Stern‘, in dem sich ein Junge mit einem Außerirdischen anfreundet, bin ich Science-Fiction-Fan.
Eine kleine Anmerkung am Rande: Beide Bücher hat mir mein Bruder letztendlich geschenkt, weil sie sowieso immer unter meinem Bett versteckt lagen.“
„Und dann wurde aus der eifrigen Leserin – dem Bücherwurm – die Autorin.
Wie kam es dazu? Immerhin haben Sie ursprünglich Betriebswirtschaftslehre studiert.“
„Mit 18 Jahren konnte ich mir nicht vorstellen, Autorin zu werden – und auch davon leben zu können. Studiengänge wie Astrophysik und Journalismus haben mich sehr gereizt, entschieden habe ich mich dann für BWL, wobei es mir ganz besonders die Wirtschaftsinformatik angetan hat. Doch schon in jungen Jahren habe ich es geliebt, meiner Fantasie freien Lauf zu lassen. Ständig hatte ich irgendwelche Geschichten im Kopf – von Reisen zu fernen Planeten, von einer Kinderbande, die als Detektive spannende Fälle löst, von außergewöhnlichen Freundschaften zwischen Mensch und Tier … Zudem gehörte ich zu der seltenen Spezies von Schülern, die es mochten, Aufsätze und Referate zu bestimmten Themen zu schreiben. Auch heute noch liebe ich es, mich in neue Themenbereiche einzuarbeiten. Während des Studiums habe ich gemerkt, dass die Erstellung von Seminararbeiten und der Diplomarbeit zu meinen Stärken zählen. Daher habe ich mich wahnsinnig gefreut, als sich mir im Anschluss an mein Studium die Möglichkeit bot, einen Artikel in einer wissenschaftlichen Zeitschrift zum Thema Marketing-Informationssysteme zu veröffentlichen und an einem Lexikon für Wirtschaftsinformatik als Autorin mitzuarbeiten. Und nachdem meine Kinder aus dem Gröbsten raus waren – wie man so schön sagt –, habe ich beschlossen, meiner Leidenschaft für Geschichten im Rahmen der freiberuflichen Tätigkeit freien Lauf zu lassen.“
„Im Laufe der Jahre haben Sie zahlreiche Bücher und Quizze geschrieben, Spielkonzepte und Denksport-Rätsel entwickelt, optische Illusionen kreiert ... Welche Projekte liegen Ihnen besonders am Herzen?“
„Selbstverständlich stecke ich in jedes einzelne Projekt mein ganzes Herzblut! Wer mich kennt, weiß das! Doch besonders gerne lasse ich beispielsweise meiner Kreativität bei den makabren Rätseln aus der black-stories-Reihe freien Lauf. Hier habe ich gruselige Storys zu den Themen Science-Fiction, Fantasy und Tödliche Liebe geschrieben. Besonders stolz bin ich auf die Psycho-Edition, die ich gemeinsam mit der Autorin Nicola Berger verfasst habe. Die Teamarbeit mit Nicky habe ich als sehr inspirierend empfunden! Bei diesem Projekt haben wir – mit viel Fingerspitzengefühl und Respekt – die gesamte Bandbreite der psychischen Störungen genutzt, um makabre Rätsel zu kreieren.
Ein weiteres Herzensprojekt war sicherlich die Quiz-O-lino-Reihe, eine Koproduktion von Geolino und dem moses. Verlag. Hierbei handelt es sich um Spiele in Buchform, einer coolen Mischung aus unterschiedlich schwierigen Quizfragen, kniffligen Querdenker-Rätseln und lustigen Spiel-Ideen.
Und natürlich darf in einer Auflistung meiner Lieblingsprojekte der kleine Biber Bennie nicht fehlen! Bennie ist das Maskottchen des Niersverbandes, der zum 90-jährigen Jubiläum mit einem Kinderbuch auf die sich neu an der Niers angesiedelten Biber aufmerksam machen wollte. Also habe ich Bennie auf eine abenteuerliche Reise entlang des Flusses Niers geschickt, wobei die Kids beim Lesen vielen Tieren begegnen, die an der Niers leben. Und so ganz nebenher wird unter anderem die Funktion von Kläranlagen, der Wasserkreislauf und das Prinzip der Renaturierung anschaulich erklärt. Mein Lieblings-Charakter in diesem Buch ist übrigens – neben Bennie natürlich – der kleine Bachflohkrebs Irmchen.
Last but not least gehören die Große Box der rätselhaften Karten und die Denksport-Projekte rund um Sherlock Holmes zu meinen Lieblings-Projekten. Besonders bei dem letzten Projekt – Sherlock und die Jagd durch London – konnte ich meiner Kreativität freien Lauf lassen. Das habe ich sehr genossen!“
„Sie haben zudem im Laufe der Jahre für zahlreiche Projekte das Lektorat übernommen.
Was reizt Sie an der Tätigkeit als Lektorin?“
„Zum einen finde ich es spannend, mich immer wieder in neue Themenbereiche einzuarbeiten. Zum anderen glaube ich, über ein Gespür für Texte zu verfügen und wie man sie verbessern kann. Zudem bin ich gegenüber Fehlern extrem intolerant. Ein von mir als Lektorin betreutes Projekt sollte – wenn es in den Druck entschwindet – definitiv keine Fehler welcher Art auch immer mehr enthalten. Daher gilt: Keine Macht dem Fehlerteufel! Tatsächlich hat mich das am Anfang meiner Tätigkeit als Lektorin durchaus die eine oder andere schlaflose Nacht gekostet.“
„Gibt es auch in diesem Bereich Lieblingsprojekte, die Sie als Lektorin betreut haben?“
„Tatsächlich lektoriere ich schon seit 16 Jahren Spiele – was manchmal ganz schön tricky ist, weil es gilt, Fehlern und Zweideutigkeiten im Spielablauf und in der Spielanleitung auf die Spur zu kommen. Die Zusammenarbeit mit den Spieleredakteuren macht mir immer sehr viel Spaß, zumal ich sehr gerne auch an den Spieletests teilnehme. Highlights waren darüber hinaus sicherlich die 200-seitige Zyfflich-Festschrift, ein Buch über Pfadfinder und eine Seminararbeit zur spannenden Thematik Permakultur. Zudem habe ich mit viel Freude die Beurteilung des Manuskripts eines außergewöhnlich kreativen Fantasy-Romans übernommen, den die junge Autorin bereits im Teenager-Alter verfasst hat.“
„Mein Motto lautet:
Keine Macht dem Fehlerteufel!“
„Sie schreiben sowohl für Kinder als auch für Erwachsene.
Hand aufs Herz, welche Zielgruppe ist Ihnen lieber?“
„Das Schöne an meinem Beruf ist ja gerade die große Vielfalt. Dies betrifft nicht nur die Zielgruppe, sondern auch die Themen, die Art der Texte und den Schreibstil. Daher überlege ich bei jedem Projekt im Vorfeld, wen ich mit diesem speziellen Produkt erreichen möchte. Sind es Kinder, die einfach nur Spaß mit einem spannenden Spiel haben wollen? Dann wähle ich einen lockeren, kindgerechten Schreibstil. Bei Quizzen oder Büchern gefällt mir sehr, dass ich hierdurch die Möglichkeit habe, den Kindern auf spielerischem Wege Wissen zu vermitteln. Wendet sich das Produkt jedoch an Erwachsene, darf auch schon mal Blut fließen – wie beispielsweise bei der black-stories-Reihe. Doch um auf Ihre Frage zurückzukommen: Ich schreibe wirklich genauso gerne für Kinder wie für Erwachsene. Beides hat seinen ganz speziellen Reiz!“
„Lassen Sie uns einen Blick in die Zukunft werfen. Welche Projekte werden in – sagen wir mal – fünf Jahren von Ihnen auf dem Markt sein?“
„Sicherlich hat jede Autorin und jeder Autor Projekte im Kopf, für die einfach nie Zeit bleibt. Zudem schlummern viele Manuskripte mehr oder weniger fertig in einer Schreibtisch-Schublade bzw. auf einer externen Festplatte. Mir ergeht es da nicht anders! So habe ich seit einigen Jahren eine wirklich außergewöhnliche Idee für einen Science-Fiction-Roman im Kopf, gedanklich grübele ich auch regelmäßig über der Ausarbeitung des Plots und recherchiere zu Themen wie Mehrdimensionalität, Dunkle Energie oder Zukunftsszenarien bezüglich Raumfahrt. Doch zu Papier gebracht habe ich diese Idee noch nicht. Für ein derartiges Projekt braucht man viel Zeit und Ruhe. Aber – was nicht ist, kann ja noch werden! Schon seit Langem träume ich davon, mich einfach mal zurückzuziehen (vorzugsweise auf eine einsame Insel inklusive Leuchtturm) und diesen ganzen Ideen freien Lauf zu lassen.
Apropos Wunschdenken: Bei der Arbeit an den black stories ist mir bewusst geworden, dass es in mir durchaus einen Anteil gibt, der dunkle, makabre Geschichten mit bösartigen Protagonisten und blutigem Ende erzählen kann. Gepaart mit meiner Leidenschaft für gruselige Psychothriller und Krimis à la Agatha Christie würde ich mir wünschen, dass in fünf Jahren mein Psychothriller-Erstlingswerk veröffentlicht wird.“
„Das sind jedoch alles Projekte für Erwachsene. Wie sieht es denn im Bereich der Kinderliteratur und -spiele aus? Haben Sie auch diesbezüglich Pläne?“
„Auf jeden Fall! Die Arbeit an der ‚Großen Box der rätselhaften Karten‘ hat mir wahnsinnig viel Spaß gemacht. Derartige Kartenrätsel würde ich sehr gerne auch für Kinder erstellen – direkt gefolgt von einem Experimente- & Sachbuch zum Thema Bionik, weil ich diesen Bereich wirklich faszinierend finde. Außerdem tüfteln Nicola Berger und ich zurzeit an einem neuen Konzept für einen Reiseführer für Kinder ... Doch mehr wird an dieser Stelle nicht verraten!
Desweiteren schlummern zwei Ideen tatsächlich schon eine ganze Weile in meiner Schreibtisch-Schublade und warten nur darauf, wieder hervorgeholt zu werden: Es handelt sich einerseits um ein Kinderbuch, dessen Hauptrolle ein kleines neugieriges Eichhörnchen spielt, das nicht ganz freiwillig eine spannende Weltreise unternimmt, auf der es viele Freunde findet. Andererseits habe ich ein Brettspiel kreiert, bei dem die Kinder in unterschiedliche Rollen (Natur- und Klimaforscher, Erfinder, Astronaut, Meeresbiologe ...) schlüpfen und weltweit außergewöhnliche, wichtige Aufträge erfüllen dürfen – und das schließt das Weltall durchaus ein. Und wenn ich mir abschließend noch etwas wünschen dürfte: Ich bin von Dinosauriern fasziniert und würde wirklich sehr gerne noch einmal etwas über diese ‚Urzeit-Viecher‘ schreiben!“
„Mein Ziel ist, auf Papier zu bringen,
was ich sehe und was ich fühle,
auf die beste und einfachste Art und Weise.“
Ernest Hemingway
„Abschließend nenne ich Ihnen Statements, die Sie bitte kurz ergänzen. Okay? Los geht’s!
Meine positivste Eigenschaft ist, dass ich ...“
„... immer schon wahnsinnig gerne gelernt habe und mir meine Neugierde nie abhandengekommen ist.“
„Wenn es etwas gibt, das ich nicht kenne, dann ist das ...
„... Langeweile!“
„Meine nächste Reise sollte ...“
„... mich auf den Mars führen, aber Teneriffa wäre auch in Ordnung.“
„Am meisten hasse ich ...“
„... Ungerechtigkeiten und Intoleranz!“
„Vielen Dank, dass Sie sich die Zeit für dieses Interview genommen haben, Frau Vogel!“
„Sehr gerne!“
Wilhelm Buschs Worte
bringen es auf den Punkt:
„Also lautet der Beschluss,
dass der Mensch was lernen muss!“
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